Die Schweiz hat in den letzten Jahren einen ungeheuren Bodenverschleiss erlebt und damit viel Kulturland verloren. Raumplanung ist das Gebot der Stunde. Alliance Patrimoine setzt sich im Interesse des kulturellen Erbes für den Schutz von Ortsbildern und für das qualitativ hochstehende verdichtete Bauen ein.

In der Schweiz wird jährlich insgesamt eine Fläche von der Grösse des Murten- oder des Walensees verbaut. Das entspricht über einen Zeitraum von zehn Jahren betrachtet der Grösse des Kantons Zug, wie der Bundesrat festgehalten hat. Der Bauboom ist Zeichen einer prosperierenden Wirtschaft. Doch Bauen darf Landschafts- und Ortsbilder sowie Baudenkmäler und archäologische Fundstellen – alles überaus wertvolle Teile des kulturellen Erbes – nicht bedrohen oder gar zerstören. Der Umgang mit unserem kulturellen Erbe ist mehr als eine wirtschaftliche Angelegenheit, er ist wichtig für das Wohlbefinden der Menschen. Die schweizerische Kulturlandschaft ist in ihrer Vielfalt einmalig. Alliance Patrimoine setzt sich für eine Baukultur im Sinne eines rücksichtsvollen, sorgfältigen Bauens ein. Eine intakte Landschaft und stimmige Ortsbilder sind nicht zuletzt auch für den Tourismus eine wesentliche Ressource.

Revision des Raumplanungsgesetzes, Erste Etappe
Die Bundesverfassung schreibt den haushälterischen Umgang mit dem Boden vor. Diesem Grundsatz wurde in den vergangenen Jahrzehnten oft nicht nachgelebt. Die Teilrevision des Raumplanungsgesetzes vom 1. Mai 2014 ist deshalb ein Meilenstein. Es ist ein Ja für Lebensqualität, ein Ja für attraktive Dörfer und Städte sowie für eine sinnvolle bauliche Entwicklung.

Statt immer weiter Neuland zu bebauen, ist eine sorgfältig geplante Verdichtung innerhalb der Siedlungsgebiete angezeigt. Es ist stets auszutarieren, wie viel Verdichten sinnvoll ist. Die Verdichtung darf nicht zu Lasten des kulturellen Erbes erfolgen. Verdichten heisst, auf die bestehende Bausubstanz und damit den Charakter und die Geschichte des Gebietes Rücksicht zu nehmen, die Bedürfnisse der Menschen in den Vordergrund zu stellen und Qualität im Sinne der Baukultur zu sichern. So ist es möglich, Siedlungsgebiete umzubauen, Lücken zu schliessen und dabei Lebensqualität zu gewinnen. So wird verhindert, dass gesichts- und geschichtslose Flächen entstehen. Das Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz und weitere Inventare (ISOS) liefern wertvolle Hinweise (siehe Kapitel Ortsbildschutz). Sie sind die wichtigsten Grundlagen für das Eruieren von Verdichtungspotentialen. Ein rücksichtsvoller und sorgsamer Umbau kann ein Quartier fraglos enorm aufwerten. Nur so kann Modernes optimal zu Bestehendem hinzugefügt werden.

Revision des Raumplanungsgesetzes, zweite Etappe
Ausserhalb der Bauzonen wird so viel gebaut wie noch nie (von 2001 bis 2010 gab es eine Zunahme von 5000 Gebäuden). Heute befindet sich nicht weniger als ein Viertel aller Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen. In einer zweiten Revisions-Etappe zum Raumplanungsgesetz soll deshalb das Bauen ausserhalb der Bauzone neu geregelt werden. Der Bundesrat hat hierzu 2014 und 2017 Vernehmlassungen durchgeführt. Mit der Revision soll die Trennung von Bau- und Nichtbaugebiet klarer geregelt werden.

Alliance Patrimoine setzt sich dafür ein, dass Nichtbaugebiete nicht durch die Hintertür zu Mini-Bauzonen mutieren. Wir müssen unsere einzigartige und identitätsstiftende Kulturlandschaft vor der ausufernden Zersiedlung schützen. Falls trotzdem ausserhalb der Bauzonen gebaut wird, müssen die Bauten zwingend gewisse Qualitätsanforderungen erfüllen.

Im zweiten Gesetzesentwurf des Bundesrates (2017) wird die Baukultur sträflich vernachlässigt. Sie ist jedoch ein gleichwertiges Anliegen wie die namentlich im Gesetz erwähnte Wohnqualität, die räumlichen Voraussetzungen für die Wirtschaft und der gesellschaftliche Zusammenhalt. Zudem sind die Bestimmungen zum Schutz der Nichtbaugebiete zu unklar formuliert und genügen nicht. Insbesondere der unausgereifte «Planungs- und Kompensationsansatz», welcher den Kantonen Spezialregelungen im Rahmen des Richtplans einräumt, dient weder der Klärung noch dem Schutz. Im Gegenteil, es würde einem Paradigmenwechsel gleichkommen, dessen Auswirkungen heute niemand abschätzen kann.

Die Positionen der Alliance Patrimoine können in folgenden Stellungnahmen und Mitteilungen entnommen werden: